Mittwoch, 27. Juni 2007

Pocahontas: Die Indianerprinzessin aus Virginia



Video: "Powhatan and Pocahontas" von "historyisfunorg" bei Youtube
http://de.youtube.com/watch?v=9BRuQ3glx3Q

Leseprobe aus der CD-ROM "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:

Als Nordamerikas berühmteste Indianerin gilt die Häuptlingstochter Pocahontas (1595–1617) aus Virginia. Ihr Vater Powhatan (1531–1618) mit dem indianischen Namen Wahunsonacock war der Begründer der Powhatan-Konföderation, einer Allianz von 128 Dörfern der Algonkinstämme Virginas. Seine Tochter hieß eigentlich Matoaka, Pocahontas („kleine Übermütige“) lautete nur ihr Spitzname.

Pocahontas rettete im Dezember 1607 dem 27-jährigen Captain John Smith (um 1580–1631) das Leben. Dieser gehörte zu 105 britischen Kolonisten, die am 26. April 1607 in der Chesapeake Bucht an Land setzten und einen Monat später – zu Ehren von König Jakob I. (James I., 1566–1625) – am James River die Stadt Jamestown als erste englische Kolonie auf amerikanischem Boden gründeten.

Zum Anführer der Kolonisten hatte die Londoner Handelsgesellschaft, von der die Expedition finanziert wurde, Edward Maria Wingfield (um 1560–1613) bestimmt. Doch ihm lief der erfahrene, energische und intelligente Captain Smith bald den Rang ab. Die Siedler nahmen mit den Indianern der Powhatan-Konföderation freundschaftliche Beziehungen auf, doch manchmal kam es auch zu Kampfhandlungen zwischen Kolonisten und Ureinwohnern.

John Smith wurde bei einem einsamen Erkundungsgang in die Wildnis von Powhatans Halbbruder Opechancanough (gest. 1644) gefangen genommen, gefesselt, ins Hauptdorf Werowocomoco gebracht und zum Tode verurteilt. Man legte seinen Kopf auf einen Opferstein und wollte ihm diesen mit einer Kriegskeule zerschmettern. Doch da trat die zwölfjährige Pocahontas dazwischen, nahm den Kopf des Mannes in ihre Arme und legte ihren eigenen auf den seinen. Daraufhin entschied Häuptling Powhatan, John Smith solle leben.

Der vor dem Tod bewahrte Captain wurde von Powhatan mit feierlichen Ritualen adoptiert und in seinen Stamm aufgenommen. In späteren Publikationen und Filmen war oft von einer Liebesgeschichte oder sogar von einer Heirat zwischen Pocahontas und John Smith die Rede, doch dafür liegen keinerlei Beweise vor. Auch der Captain selbst erwähnte in seinen Reiseberichten nie ein eheähnliches Zusammenleben.

In der Folgezeit ergriff Captain Smith zunehmend von der neuen Kolonie Besitz, er nannte sie Virginia und krönte 1609 den „Oberhäuptling“ Powhatan im Namen der englischen Majestät zum „König von Virginia“. Allmählich kamen immer mehr Briten ins Land, darunter auch Männer mit hochtrabenden Titeln und Papieren, die man John Smith vor die Nase setzte. Noch 1609 kehrte er mit einer schweren Wunde am Bein überstürzt und enttäuscht nach England zurück.

Bald erstreckten sich beiderseits des James River mehr als 200 Kilometer weit englische Siedlungen, und Powhatan wurde immer mehr abgedrängt. Die Indianerstämme des Hinterlandes wollten daraufhin einen Vernichtungskrieg gegen die Engländer (zunächst „Yingles“, später „Yankees“ genannt) beginnen, doch König Powhatan scheute vor einem entscheidenden Kampf zurück. Denn er sah vor sich das Meer und die mit Feuerwaffen ausgerüsteten Weißen und hinter sich seine Erbfeinde, den mächtigen Irokesenbund.

Die 17-jährige Pocahontas hatte inzwischen Gefallen an einem jungen Algonkin-Krieger namens Kocoum gefunden, sie lebte mit ihm zusammen und zog sich ins Familienleben zurück. Schon wenige Jahre später wurde ihr Mann nicht mehr erwähnt. Es ist nicht bekannt, ob sich Pocahontas und Kocoum bald wieder trennten oder ob der Mann früh starb.

Im April 1613 vermittelte Pocahontas zwischen den Kolonisten und ihrem Vater, nachdem ihm die Weißen eine empfindliche Niederlage zugefügt und eine seiner Töchter gefangengenommen hatten. Bei den sich in die Länge ziehenden Verhandlungen verliebte sich Pocahontas im Lager der Siedler in den verwitweten weißen Tabakpflanzer John Rolfe (1585–1622).

Im Winter 1613/1614 taufte man die europäisch gekleidete und englisch sprechende Pocahontas christlich auf den Namen „Prinzessin Rebecca“. Dieses Ereignis wird auf einem riesigen Gemälde im Kuppelraum des Kapitols in Washington dargestellt. Mit Einwilligung ihres Vaters erfolgte im Frühling 1614 die Hochzeit. Es war die erste registrierte transatlantische Mischehe zwischen einer Indianerin und einem Angelsachsen.

Das Ehepaar Rolfe lebte fortan in der neu gegründeten Ortschaft Henrico. In Pocahontas’ Haushalt halfen, wie es die Prinzessin von Kindheit an gewohnt war, indianische Dienstboten. 1615 brachte Pocahontas als einziges Kind den Sohn Thomas zur Welt.

Bald danach erhielt John Rolfe den Auftrag, für den englischen Königshof einen enthusiastischen Bericht zu verfassen, den er samt Frau und Kind persönlich überbringen sollte. Damit wollten die Siedler die Kolonie Virginia für noch mehr Einwanderer schmackhaft machen und finanzkräftige Investoren anwerben.

Für diese Reise gab Häuptling Powhatan seiner Tochter ein Dutzend von Dienern mit und als Begleiter für die Reise eine ihrer Schwestern und deren Mann. Diese sollten vor allem die Macht des englischen Königs und die Größe seines Landes feststellen. Einer der Indianer erhielt den Auftrag, für jeden Engländer, den er sah, eine Kerbe in seinen Stock zu schnitzen.

Im Frühling 1616 segelten Pocahontas, ihr Mann und ihre indianischen Begleiter sowie der Gouverneur von Virginia, Sir Thomas Dale (um 1565–1619), nach England. Dort wurde Pocahontas 1616 als einzige vom britischen Königshaus anerkannte „Indianerprinzessin“ und Botschafterin ihres „königlichen“ Vaters Powhatan bei Hofe empfangen. Der Hochadel feierte sie als eine der ihrigen, während ihr niedriggeborener Mann, John Rolfe, von der Galerie zusehen musste.

Pocahontas plauderte mit Queen Anne in deren Privaträumen und wurde auch dem englischen König James vorgestellt. Von dem dünnen und gebrechlichen Herrscher waren Powhatans Spitzel maßlos enttäuscht. Sie konnten es kaum glauben, dass dies der oberste Häuptling über eine schier unfassbare Zahl von Engländern sein sollte.

Nach dem Ausbruch einer Grippe-Epidemie in London zog das Ehepaar Rolfe auf einen Landsitz. Dort trafen sie unerwartet mit dem totgeglaubten John Smith zusammen. Bei der Begegnung warf man Smith – immerhin Powhatans Adoptivsohn und Pocahontas’ Stammesbruder – vor, dass er sie nie benachrichtigte und nach ihrer Ankunft in London nicht mit allen Ehren bei sich aufnahm. Offenbar war ihnen nicht bewusst, dass der ehemalige „König von Jamestown“ in England nur ein unbedeutender, verbitterter Geschäftsmann war, der in Virginia keinen Posten mehr bekommen hatte.

Im März 1617 entschloss sich die Familie Rolfe zur Rückkehr nach Amerika. Damals war bereits die Hälfte der indianischen Begleiter an Grippeinfekten dahingerafft worden. Noch bevor die Segelschiffe das offene Meer erreichten, starb auch Pocahontas im Alter von nur 22 Jahren an Typhus und wurde in Gravesend – laut Kirchenbuch – als „Rebecca Rolfe, eine geborene Virginia Lady“, christlich begraben.

Pocahontas’ Sohn Thomas blieb in der Obhut von Verwandten in England und kam erst als Erwachsener in die Neue Welt. Seine einzige Tochter wurde zur „Stammesmutter“ zweier der einflussreichsten und angesehensten Familien Virginias, der Bollings und der Randolphs.

Nach dem Tode Powhatans 1618 bestieg dessen älterer Bruder Opechancanough den „Thron von Virginia“. Er begann im März 1622 den Kampf gegen die Engländer. Dabei wurden 72 von insgesamt 80 weißen Siedlungen vernichtet, und von mehr als 4000 Kolonisten haben nur 347 überlebt. Als Opechancanough mit einer Delegation zu Verhandlungen über einen Friedensvertrag mit den Überlebenden kam, überfielen diese ihre indianischen Gäste, und Opechancanough konnte nur mit wenigen Gefährten fliehen. Unter denen, die um 1630 den Leuten Powhatans erbitterte Ausrottungskämpfe lieferten, war auch Pocahontas’ Sohn Thomas Rolfe.

Im April 1644 griff Opechancanough erneut die Briten an, die inzwischen eine große Streitmacht aufgebaut hatten. Er verzeichnete anfangs Erfolge, wobei mehr als 500 Engländer umkamen, erlitt dann aber bei einem Gegenangriff der Miliz des Gouverneurs William Berkeley (1606–1677) eine vernichtende Niederlage, wurde gefangen genommen und in einem Gefängnis von einem Wächter „wie ein toller Hund“ erschossen.

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